Du bist unbezahlbar!

Vom Wert eines
menschlichen Körpers

«Mein Goldschatz!»

Vor kurzem meinte eine Kollegin zu mir, sie fühle sich wertlos. Wenig später beobachtete ich ein französisches Paar beim Turteln, wobei er sie liebevoll «ma chère» nannte. Doch erst als ich einen Brief meines Brieffreundes öffnete, welcher mit den Worten «Meine teuerste Freundin» begann, wurde ich stutzig. Weshalb gibt es Ausdrücke, die unsere Persönlichkeit, unser Leben und sogar unseren Körper mit materiellen Werten, letztlich also Geld in Verbindung bringen?

Bei näherem Betrachten fiel mir auf, dass es noch weit mehr solcher Redewendungen gibt – ja, eine Fülle von wertzuschreibenden Bezeichnungen für Personen kursieren in unserer Sprache kursieren! So kommt es zu Aussagen wie «Du bist ein Goldschatz», was eine bestimmte Menge Geld meint, oder sogar die Steigerungsform: «Du bist unbezahlbar!» – letztere Behauptung trifft es schon eher, was wir uns unter dem Wert eines Menschenlebens vorstellen. Nur leider entspricht sie ganz und gar nicht der Realität. Ich habe mich mit der Frage auseinandergesetzt, wie wertvoll ein menschlicher Körper tatsächlich ist und stellte mit Schrecken fest, dass dieser auf den Rappen genau berechnet werden kann – nicht erst, seitdem es Versicherungen, Krankenkassen und Opferhilfe bei Straftaten gibt.

Bereits im Mittelalter finden sich Quellen, die exakt angeben, wie viel ein einzelner Körperteil kostet. Der Gedanke, dass sich etwas so Unkalkulierbares wie ein Mensch in Geld bemessen lassen soll, macht mich stutzig. Meine Neugierde ist also geweckt und ich mache mich auf die Suche nach dem Ursprung dieser Sache. Neben Bereichen wie Unfallversicherung und Organspende finden sich (leider) auch weitere Gebiete, die einen Marktpreis für den menschlichen Körper kennen; der Schwarzmarkt für Organe und der Menschenhandel werden deshalb ebenfalls in meiner Story thematisiert. Doch springen wir in der Zeit etwas zurück. Seit wann wird ein Mensch in Geld berechnet? Und noch interessanter: auf welchen Betrag kommt man dabei?

Der Wert des Körpers im Mittelalter

Um diese Fragen beantworten zu können, werfe ich zuerst einen Blick in frühe mittelalterliche Rechtstraditionen und die damit einhergehenden Rechtstexte. Eines der grössten und umfangreichsten Werke sind die drei Emsiger Rechtshandschriften, wovon die älteste vor dem Jahr 1312 verfasst wurde. Neben den allgemeinen Busstaxen, Küren und Landesrechten finden sich darin auch haufenweise Belege dafür, dass dem Körper ein Wert zugschrieben wurde, der sich in Geld aufwiegen liess. So besagt die sechzehnte Küre, dass ein jeder das Recht hat, wenn auch mit vereinzelten Ausnahmen, Schuld durch Geld zu begleichen:

«Dies ist die sechzehnte Volksküre und König Karls Privileg, dass alle Friesen ihre Blutschulden durch Geld und Gut sühnen dürfen. Infolgedessen sollen sie in den sächsischen Gebieten befreit sein von Stock und Staupe, von Schere und Zuchtrute und von allen Leibesstrafen. Und wird einer im Volksgericht auf eine gültige Klage hin und durch Urteil des Asega und nach dem Landrecht des Volkes, auf Befehl des Skelata und mit der Erlaubnis des Kaisers oder von dessen Bevollmächtigtem schuldig gesprochen und verurteilt wegen Münzfälschung oder Münzverringerung, so soll man ihn wegen dieser beiden Taten die rechte Hand auf dem Dingstapel abhauen. Und hat er Halsverbrechen begangen, Nachtbrand oder sonstige Mordtaten, so soll er durch Urteil des Asega und nach dem Landrecht des Volkes mit seinem eigenen Leben büssen, um alle Leute in gleichem Masse zu befriedigen, das heisst man soll ihn aufs Rad flechten. Und hat er einen Diebstahl im Sinne der friesischen Küren verübt, so soll man ihn hängen, wenn er es nicht in Geld und Gut hat. Denn wenn einer am Wege hängt, so hat er gleicherweise dem Volke und dem Fransa gebüsst. Mord soll man mit Mord vergelten, damit man den Bösen wehre.»

Was zeigt dieser Text? Nicht nur, dass die Foltermethoden des Mittelalters äusserst fantasievolle Namen tragen, oder dass es bereits zu dieser Zeit Geldfälscher gab, nein: der Verbrecher darf wählen, ob er sich selbst von seiner Schuld freikaufen will (wer grosszügig ist, kann dies auch für einen anderen tun, ihn also von seiner Schuld und der damit verknüpften Bestrafung freikaufen.) Wer die hier ungenannte Summe nicht berappen kann, muss sich auf körperliche Schmerzen gefasst machen. Aus heutiger Sicht sticht die Ungerechtigkeit eines solchen Konzepts sofort ins Auge: diese Art von Gesetzgebung erlaubt es den Reichen, sich mit allem durchzumogeln, während sich Menschen ohne Geld keinen Fehltritt erlauben dürfen.

Es werden im Laufe des Rechtstextes allerdings fünf Ausnahmen vom Freikauf genannt:

«Dies liest man in der sechzehnten Küre, dass alle Friesen ihre Verbrechen mit Geld und Gut sühnen können, wenn sie es haben, ausser fünf Sachen. Die erste Ausnahme ist: Wenn jemand die Kirche aufbricht und da drinnen die Heiligen beraubt, so gebührt ihm von Rechts wegen der nordwärts gerichtete Baum und das neunspeichige Rad, und darf man für sein Leben kein Geld bieten. Die zweite Ausnahme ist: Wenn hier ein Mann, während die Leute schlafen und es ungewiss ist, ob einer wacht, mit einem brennenden Holzscheit und mit rauchendem Feuer zur Kirche oder zum Pfarrhaus geht und da drinnen Mensch oder Tier oder auch beide verbrennt, so gebührt ihm von Rechts wegen der nordwärts gerichtete Baum und das neunspeichige Rad, und darf man für sein Leben kein Geld bieten. Die dritte Ausnahme ist: Wenn hier ein Mann in einen Wald zieht und dort Leute beraubt und Männer ermordet, so soll man ihm den Kopf abschlagen und darf man für sein Leben kein Geld bieten. Die vierte Ausnahme ist: Wenn hier ein Knecht seinen rechtmässigen Herrn verrät oder ermordet, so soll man ihn von Rechts wegen im Kessel sieden und darf man für sein Leben kein Geld bieten. Die fünfte Ausnahme ist: Wenn hier ein Verräter ist und er Land und Volk verrät und er in das Land der Sachsen zieht und von dort den hohen Helm und den roten Schild und den gerüsteten Ritter holt und er im Lande der Friesen Männer erschlägt und Burgen niederbrennt, so soll man ihn nordwärts ins Meer führen und darin versenken und man darf für sein Leben kein Geld bieten.»

Es gibt also zu jeder Regel auch eine Ausnahme, die es verunmöglicht, dass ein Frevler den Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Doch in keinem dieser Fälle wurde bislang erwähnt, wie viel tatsächlich die Summe beträgt, die es zu bezahlen gilt, um ein Leben zu retten, oder zurückzuerstatten. Wie hoch war das Bussgeld oder, wie man auch sagte: Wergeld oder Sühnegeld?

Eine genaue Definition dafür findet sich im Sachsenspiegel, dem ältesten Rechtsbuch des deutschen Mittelalters. Für einen freien Mann beträgt die Summe 18 Pfund, was damals umgerechnet dem Wert von 18 Reitpferden betrug. Für einen Pächter oder Landesfremden waren es 15 Pfund und für Frauen das halbe Wergeld ihres Mannes oder ihres Vaters, je nachdem ob sie bereits verheiratet war oder nicht.

Bei einem Mordfall kommt das Geld, das der Täter zahlen muss, der Familie des Verstorbenen zu, falls nicht, folgt die Blutrache: Die Angehörigen dürfen den Mörder oder einen Menschen in seinem nahen Umfeld ebenfalls töten, nach dem Grundsatz: Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Kommt es allerdings zu einer Mordtat innerhalb einer Familie, beispielsweise unter Brüdern, so darf kein Wergeld bezahlt werden, da das Geld in diesem Fall dem Mörder selbst zufallen würde. Dieses Dilemma hat zur Folge, dass die Busse nicht abbezahlt werden kann und stattdessen körperlich gebüsst werden muss. Sprich, man wird zum Tode verurteilt.

Es gibt aber auch Regelungen für Bussgelder bei kleineren Körperverletzungen. So hält das Emsiger Recht die Tarife fest, die es bei Schlägereien mit Ohnmachtsfolgen zu bezahlen gilt:

«Die tiefste Bewusstlosigkeit ist dies: Wenn jemand niedergeschlagen wird, so dass er für tot daliegt, und man den Priester holt und man ihm die letzte Wegzehrung spendet und das Wachs kauft, und er dann wieder zum Leben kommt: die Busse beträgt fünfzehn Schillinge.

Die mittlere ist: Wenn man jemanden für tot ins Haus trägt, ihn mit Händen beklagt und mit Tränen beweint: die Busse beträgt acht Schillinge und zwei Pfennige.

Die leichteste ist: Wenn jemand auf den Kopf geschlagen wird, so dass er für tot daliegt und man ihn bald wieder aufrichtet: die Busse beträgt sechs Schillinge und zwei Pfennige.

Die allerleichteste ist: Wenn jemand so geschlagen wird, dass er bewusstlos hinfällt, aber von selbst wieder aufsteht: die Busse beträgt vier Schillinge und zwei Pfennige.»

Schwere Verletzungen mit lebenslänglichen Folgen sind preistechnisch ebenfalls dokumentiert. So beispielsweise die folgenden acht Regelungen zur Zeugungskraft, die im Mittelalter von besonderer Wichtigkeit war, da man Nachfolger brauchte und den väterlichen Namen weitergeben wollte; auch die Erblinie verlief über den Vater.

«1. Wenn hier ein Mann an seinem Gemächt (Penis und Hoden) verwundet wird, dass er nicht mehr zeugen kann, so gibt es neun Mark zur Busse für die neun Kinder, die er hätte machen können.

2. Hat er schon ein Kind gezeugt, so nimmt man den Bussanteil von dem Kind und gibt es dem ungeborenen Kind.

3. Hat er den linken Hoden behalten und den rechten verloren, dann kann er Kinder zeugen.

4. Hat er den linken nicht, jedoch den rechten behalten, so ist er dann zeugungsunfähig.

5. Blutfluss von dem Geschlecht: die Busse beträgt vier Schillinge.

6. Das Geschlecht einer Frau ist zerrissen: die Busse beträgt 15 Schillinge.

7. Ist sie aber so verletzt, dass sie ihren Harn nicht halten kann: die Busse beträgt ein Drittel Wergeld.

8. Ist ihr ein Einschnitt oder eine blutende Wunde zugefügt: die Busse beträgt sechs Schillinge.»

Neben den falschen Angaben zur Anatomie eines Mannes (zwischen rechtem und linkem Hoden besteht kein Unterschied hinsichtlich der Zeugungskraft) fällt hier auf, dass die Verstümmelung einer Frau um einiges billiger ausfällt als jene eines Mannes. Mit keinem Wort wird ausserdem erwähnt, wie solche Wunden zugefügt werden. Dass es sich dabei mit grosser Wahrscheinlichkeit um sexuelle Gewalt handelt und dass für die Erniedrigung und die psychischen Folgen dem Opfer ebenfalls Schmerzensgeld zukäme, war damals nicht erwähnenswert. Während die Zeugungsfähigkeit eines Mannes neun Mark beträgt, so sind dies bei einer Frau nur 15 Schillinge. Zur ungefähren Umrechnung: Im 14. Jahrhundert betrug der Wert einer Mark 16 Schillinge. Neun Mark sind also 144 Schillinge, sprich, das Geschlecht eines Mannes war fast zehnmal so wertvoll wie das einer Frau. Ähnliche Diskrepanzen lassen sich auch in anderen Bereichen beobachten.

Neben den «Ohren- Augen- und Nasenbussen» wie auch den Hand- Fuss- oder Rückenbussen» gibt es im Emsiger Recht sogar so spezifische wie «Oberlippenbussen» und «Zungenbussen». Dabei findet man Listen mit genauesten Angaben, wie teuer welche Verletzung ist, indirekt also auch, wie wertvoll einzelne Körperteile sind.

Der Wert des Körpers heute

Solche Listen gibt es tatsächlich auch heute noch, allerdings tragen sie einen anderen Namen und sind in einem etwas anderen Gebiet angesiedelt, nämlich jenem der Krankenkassen- und Unfallversicherung. Im Gegensatz zum Mittelalter sind wir heute in der Lage, die körperliche Integrität zu versichern. Wird unser Körper, beziehungsweise einer seiner Teile, bei einem Unfall beschädigt, erhält man neben Schmerzensgeld unter Umständen zusätzlich einen Betrag von der Krankenkasse erstattet.

Diese Art der Entgeltung nennt sich Integritätsentschädigung und wird von schweizerischen Krankenkassen folgendermassen berechnet: Der am Unfalltag gültige Jahresverdienst einer Person wird mit dem Prozentsatz des vom Arzt ermittelten Integritätsprozentsatzes, sprich dem Ausmass an Schaden, multipliziert. Auch hier werde ich stutzig: Kommen also die Reichen noch immer besser weg als Menschen mit einem kleineren Einkommen oder, wie im Mittelalter, niedrigerem sozialen Rang?

Um sich ein Bild davon machen zu können, wie eine solche Liste aussieht, gebe ich hier ein Beispiel der SUVA wieder:

Ich bin verblüfft: Wie schon bei den Listen aus dem Mittelalter geht man noch heute ins Detail. So gibt es eine vergleichbare Liste zum Integritätsschaden bei Verlust von Geschlechtsorganen oder der Fortpflanzungsfähigkeit:

  • Beim Mann der Penis 40%
  • Beide Hoden 40%
  • Ein Hoden 10%
  • Bei der Frau der Uterus 40%
  • Beide Ovarien 40%
  • Ein Ovar 10%

Wer jetzt denkt: Wow, endlich geschafft, Frauen und Männern werden gleichberechtigt, freut sich zu früh. Nicht nur ist bei der Berechnung der Lohn des Individuums ausschlaggebend, welcher bei Männern und Frauen mit gleicher Berufstätigkeit bekanntlich sehr unterschiedlich ausfallen kann – auch muss man hier das Kleingedruckte lesen. So heisst es nämlich weiter unten: «Bei der Frau ist ein Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit nach Unfall äusserst selten und ausserdem sehr komplex, weshalb das Vorliegen eines Integritätsschadens speziell zu begründen ist. Überdies erlischt bei ihr die Fortpflanzungsfähigkeit mit der abgeschlossenen Menopause, welche die Frauen in Mitteleuropa durchschnittlich im Alter von 52 Jahren erreichen.» Das wäre ja auch zu schön gewesen.

Dass dieses Konzept der Körperversicherung ins Absurde gezogen werden kann, lässt sich unter anderem den aktuellen Promiheftchen entnehmen.

So liess sich der portugiesische Fussballspieler Christiano Ronaldo seine Beine für eine Summe von 212 Millionen Euro versichern...

...das Gesäss der Sängerin Jennifer Lopez ist 268 Millionen Euro wert...

...und selbst das Brusthaar von Tom Jones hat einen sagenhaften Wert von 5 Millionen Euro.

Zurück zu uns Normalsterblichen: Wie wertvoll ist der menschliche Körper eines durchschnittlichen Individuums heutzutage? Es gibt erstaunlich viel Textmaterial, Filme und Dokumentationen zu dieser Frage, doch die Antworten darauf könnten unterschiedlicher kaum sein, hängen sie doch sehr von der jeweiligen Berechnungsweise ab.

Bevor ich die Summe(n) gleich in den Raum werfe, hier ein paar Schätzungen, Vermutungen und weitere Reaktionen von Menschen in meinem Umfeld, denen ich die Frage gestellt habe: «Wie teuer, beziehungsweise wertvoll ist ein menschlicher Körper»:

Nun aber zu den tatsächlichen Antworten:

Eine Möglichkeit ist, sich die aktuellen Preise für einzelne Organe auf dem Schwarzmarkt (denn anderswo sind gewisse Körperteile nicht zu finden) anzusehen und diese zusammenzurechnen. Doch auch hier sollte beachtet werden, dass die Preise je nach Land variieren. Während in Indien eine Niere ungefähr 900 Euro kostet, sind es in Moldawien rund 2‘400 Euro und in den USA sogar ganze 235‘000 Euro. Eine kleine Liste der globalen Durchschnittspreise, die ich online recherchiert und zusammengetragen habe, fällt folgendermassen aus:

  • Hornhaut 20'500 Euro
  • Herz 108’000 Euro
  • Lunge 280'000 Euro
  • Magen 450 Euro
  • Niere 118’000 Euro
  • Weibliche Eizellen 7’000 Euro
  • Darm 70'000 Euro

Und wieviel beträgt nun die Summe für einen ganzen Körper auf dem Schwarzmarkt? Mehrere haben diese Rechnung schon angestellt: Die Kosten liegen zwischen 40 Millionen Euro und 45 Millionen Euro.

Doch wie realistisch ist es, mit seinem Körper tatsächlich reich zu werden? In einem Film von Nadia Kailouli geht sie dieser Frage auf den Grund und versucht, mit ihrem Körper Geld zu verdienen. Das Ergebnis können Sie sich selbst anschauen:

Man kann auch anders vorgehen und den menschlichen Körper anhand der genannten Versicherungspreisen berechnen, also (nicht anders als bei einer Immobilienversicherung) den Materialwert schätzen. Auch hier variiert er, wie bei einem Haus, von Location zu Location. In Deutschland beträgt er für einen männlichen Körper 1,72 Millionen Euro und jener einer Frau 1,43 Millionen Euro. Eine Kleinigkeit, verglichen mit Christiano Ronaldos Beinen.

Eine dritte Variante, um den Preis für einen Menschen zu ermitteln ist, die Preise im Menschenhandel zu begutachten. Und hier stockte mir der Atem vollends: Laut Studien zahlen Verbrecherbanden für Kinder im Alter von sechs Monaten bis 10 Jahre einen Betrag von 4'000 bis 8'000 Euro.

Der Preis für ein Menschenleben

Im Laufe dieser Arbeit musste ich feststellen, dass das Thema nicht nur umstritten ist, die Ergebnisse meilenweit auseinandergehen und unzählige Faktoren berücksichtigt werden müssen, sondern auch, dass man klar zwischen Körper und Leben unterscheiden muss. «Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile,» sagte Aristoteles und behält Recht. Ich habe bei meiner Recherche keine einzige Kalkulation für ein Menschenleben gefunden. Der häufigste Terminus, der fällt: «unendlich!»

Viel eher kommt es allerdings zu Diskussionen, die eng an Geld geknüpft sind, etwa die Maximalkosten für Reanimierungsversuche und lebensverlängernde Massnahmen. Bestimmte Operationen, die nicht durchgeführt, oder Medikamente, die zu teuer sind, um verschrieben zu werden. Das Alter spielt seit der Corona-Pandemie eine noch grössere Rolle als bisher: Verdient ein junges Menschenleben eher gerettet zu werden als ein älteres? Ein Reicher eher als ein Armer? Und inwiefern ist es ethisch korrekt, wenn man beim Tod eines Menschen als Entschädigung eine Geldsumme erhält?

Falls sich jemand noch eingehender mit dem Thema Menschlicher Geldwert befassen will, so empfehle ich den deutschen Dokumentarfilm «Was bin ich wert?» von Regisseur Peter Scharf aus dem Jahr 2014. Der Filmemacher reist um die halbe Welt, um der Frage nach dem Wert des menschlichen Körpers und Lebens auf den Grund zu gehen. Er stellt ähnliche Berechnungsmethoden vor, wie ich sie hier vorgestellt habe; er versucht mit Teilen seines Körpers Geld zu verdienen und unterhält sich auf seiner Reise mit Menschen, die bewusst ihren Körper verkaufen, mit Flüchtlingen, die Spender-Erpressungen zum Opfer fielen, mit Anwälten, Promis, Versicherungsmaklern, Ärzten und vielen weiteren spannenden Persönlichkeiten.

Den Link zum kompletten Film findest du hier:

Unübersehbar sind die fatalen Folgen, die das Zuschreiben von materiellem Wert auf den Menschen haben kann: In Italien gibt es sogar ein Gesetz, das es verbietet, Flüchtlinge bei ihrer Fahrt über das Mittelmeer zu unterstützen. Wer einen Schiffbrüchigen vor dem Ertrinken rettet, handelt illegal und muss pro geretteten Flüchtling eine Busse von 3‘500 bis 5'000 Euro bezahlen. Hat das Leben hier sogar einen Minuswert? Noch immer scheint der Grundsatz zu gelten: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Hoch entwickelt, so scheint es nach dieser Zeitreise, ist die Kunst seiner Interpretation, doch ob sie auch die Ehrfurcht vor einem Menschenleben gefördert hat? Das steht auf einem anderen Blatt.

Dank

Gerne nutze ich die Gelegenheit, mich hier bei ein paar mir sehr teuren Menschen zu bedanken, die mich bei dieser Arbeit in kleinerem oder grösserem Ausmass unterstützt haben – ihr seid alle sehr wertvoll für mich!

Vielen Dank meinem Vater, welcher mich auf die Idee gebracht hat, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und mir das Konzept der Integritätsentschädigung erklärte.

Ausserdem bedanke ich mich bei meiner Schwester, die mir bei medizinischen Fragen und technischen Problemen weiterhelfen konnte.

Ein grosses Dankeschön an Rebekka, Florian, Valentin, Johanna, Nadja, Marco, Katharina und Christian für die Sprachnachrichten.

Und schliesslich gilt die grösste aller Danksagungen meiner Dozentin Hildegard Keller, die mich auf meinem Weg stets motiviert, unterstützt und unendlich viel Geduld mit mir hatte – dafür ein riesengrosses Danke!

Quellen:

Literatur:

Buma, Wybren Jan und Ebel, Wilhelm: Das Emsiger Recht. Göttingen 1967.

FinanceScout24: 13 Promi-Körperteile, die ein Vermögen wert sind. Link: https://www.financescout24.de/magazin/13-versicherte-promi-koerperteile (Zuletzt abgerufen am 05.01.2022)

Hamburger Abendblatt: Experten errechneten: so viel ist ein Mensch wert. Veröffentlicht am 29.10.2003. Link: https://www.abendblatt.de/vermischtes/article106725975/Experten-errechneten-So-viel-Euro-ist-ein-Mensch-wert.html (Zuletzt abgerufen am 05.01.2022)

Mussler, Werner: Hat ein Menschenleben einen Geldwert? In: Frankfurter Allgemeine. Veröffentlicht am 06.06.2005. Link: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/oekonomie-hat-ein-menschenleben-einen-geldwert-1230638.html (Zuletzt abgerufen am 06.01.2022)

Schalk Pichler Gruppenpraxis: Was sind wir (auf dem Schwarzmarkt) wert? Link: https://www.schalkpichler.at/2017/was-sind-wir-auf-dem-schwarzmarkt-wert/ (Zuletzt abgerufen am 06.01.2022)

Schweizer Paraplegiker Vereinigung: Integritätsentschädigung bei Unfallversicherung. Link: https://www.spv.ch/__/frontend/handler/document.php?id=2708&type=42 (Zuletzt abgerufen am 05.01.2022)

Sell, Stefan: Wie viel 'kostet' ein Mensch. In: Makronom. Veröffentlicht am 20.05.2019. Link: https://makronom.de/wie-viel-kostet-ein-mensch-31010 (Zuletzt abgerufen am 06.01.2022)

SUVA: Integritätsentschädigung gemäss UVG. Tabelle 22. Integritätsschaden bei Verlust der Geschlechtsorgane oder der Fortpflanzungsfähigkeit. Link: https://www.koordination.ch/fileadmin/files/uvg/ie/ie22.pdf (Zuletzt abgerufen am 05.01.2022)

Vollmer, Jan: Blut, Nieren, Haare, Leben – So viel ist dein Körper wert. Veröffentlicht am 14.10.14. Link: https://www.vice.com/de/article/4xaedm/was-bin-ich-wert (Zuletzt abgerufen am 07.01.2022)

Bilder:

Buma, Wybren Jan und Ebel, Wilhelm: Das Emsiger Recht. Göttingen 1967. S. 26, 73, 93, 115, 128-130.

Christiano Ronaldo. Link: https://www.welt.de/sport/article234804844/Champions-League-Cristiano-Ronaldo-rettet-Manchester-United.html

Jennifer Lopez. Link: https://www.gala.de/stars/starportraets/jennifer-lopez-20515582.html

Leonardo da Vinci, Vitruvianischer Mensch. Link: https://www.wissen.de/leonardo-da-vincis-vitruvianischer-mensch

Tom Jones. Link: https://note-store.de/musicians/tom-jones/