Gottfried Keller und wir

Über die Jubiläumsgeschichten

«Gottfried Keller und das Mittelalter»

Am 19. Juli 2019 jährte sich zum 200. Mal der Geburtstag von Gottfried Keller. Das Jubiläum war der Ausgangspunkt für das Seminar zum multimedialen Storytelling, das ich am Deutschen Seminar der Universität Zürich durchführte. Alle entstandenen Geschichten sind ganz unten oder über den Link im Menü anwählbar. Zuerst aber geben wir Gottfried Keller noch einmal das Wort.


Das Werden der Novelle, oder was man so nennt, ist immer noch im Fluss.


Diese Aussage stammt aus Gottfried Kellers Briefwechsel mit Theodor Storm. Keller setzte sich immer wieder mit dem Erzählen auseinander. Verfolgte kritisch das Aufkommen der Literaturkritik in den Zeitungen. Wies Literaturwissenschaftler in die universitären Schranken. Jedenfalls wollte er sich alle vom Leibe halten, die «keine Ader» hatten.


Das Geschwätz der Scholiarchen aber bleibt Schund, sobald sie in die lebendige Produktion eingreifen wollen.


Wenn ich nicht irre, so wird zwischen den grassierenden Neo-Philologen und den poetischen Hervorbringern der gleiche Krieg entstehen, wie er jetzt zwischen den bildenden Künstlern und den Kunstschreibern waltet, die keine Ader haben.



Ich lebe jetzt in einer Leidenszeit


Auch diese Klage stammt aus dem Brief an Theodor Storm. Diesmal gilt sie den Mühen des Feinschliffs.

Mit der Correctur des Sinngedichts beschäftigt und den Text nun zum dritten oder vierten Mal mit der Feder in der Hand durchgehend, stoss ich immer noch auf zahlreiche Nester von groben Schulfehlern, Anhäufungen gleichlautender Worte, Verbalformen, Partikeln und den verfluchten Endsilben -ung, -heit und -keit, die ich bisher übersehen, so dass ich mich mit meinen 62 Jahren fragen muss, ob das noch anders werden kann?
Keller an Theodor Storm, 16. August 1881 (Helbling, 3,1, 464)

62 oder 26

Egal wie alt Schreibende sind: Keinem bleibt erspart, die selbstgebauten «Nester» auszuräumen. Keller misstraut seinem flüchtigen Blick und gesteht auch ein, dass er nie ein Gegenüber gehabt, dem er hätte vorlesen können.

«Das Auge fliegt eben immer ungeduldig über die Schrift weg, und das Ohr kann bei mir nichts thun, da ich von Anfang an weder für mich allein laut las, was ich geschrieben, noch jemals eine Umgebung hatte, der ich etwas vorlesen konnte oder mochte.»
Keller an Theodor Storm, 16. August 1881 (Helbling, 3,1, 464)

Die Teilnehmerinnen des Seminars arbeiteten auch mit der digitalen Feder, aber sie schrieben und redigierten ihre Stories nicht so einsam wie Keller. Vielleicht klagten sie deshalb nicht so oft wie er. Ihr Lerneifer und Durchhaltevermögen waren grandios und ihre Geschichten wunderschöne Geburtstagsgeschenke für Gottfried Keller, den Zeichner-Maler-Dichter. Die Teilnehmerinnen entdeckten mit dem Multitalent auch sich selbst neu. Einige wirkten sogar an den Jubiläumsfeierlichkeiten zu Gottfried Kellers Geburtstag mit.

Wir wünschen viel Vergnügen beim Stöbern, Schauen, Hören und Lesen!

Hildegard Keller Kontakt

Zur Gruppe gehören auch: Jolanda Brennwald, Étienne-Denise Grüebler und Corina Küttel

Zur Gruppe gehören auch: Jolanda Brennwald, Étienne-Denise Grüebler und Corina Küttel