Wuchergeist

Die Kraft der Vorurteile

Eine Fahrt ins (Un-)Bekannte

Der Zug fährt mit quietschendem Getöse am Zuger Hauptbahnhof auf Gleis 3 ein. Was für eine blöde Idee, kurvenförmige Schienen...

Die tägliche Zugfahrt ist bereits zur Routine geworden. Es ist unglaublich, was man bei diesen Pendlergesprächen alles mitkriegt.

Die Teenager, die neben mir im Viererabteil versammelt sind, empören den ganzen Wagon. Die Jungs lachen, das Mädchen kreischt, der Lärmpegel ist enorm. Nicht nur die Lautstärke löst Empörung aus, sondern auch das Thema: Witze über Juden.

„Kevin so: „Diese Schweinekoteletts sind verdammt gut. Willst du auch welche probieren?“ Jude so: „Nein, danke. Ich bin Jude.“Kevin so: „Keine Sorge, ist kostenlos.““
„Wieso schauen Juden Pornos rückwärts? Sie mögen die Szene, wo die Prostituierte das Geld zurückgibt.“

Gelächter von allen aus dem Viererabteil folgt. Ich frage mich: Warum ist das so ein brisantes Thema? Warum ist das Thema "Juden und Geld" noch so aufgeladen?

Ist dieses Klischee wirklich verbreitet? Wissen die Leute, woher es kommt? Wissen die Leute überhaupt etwas über die jüdische Tradition?
Hierzu habe ich eine Umfrage mit Zugern verschiedenen Alters gemacht.

Hier beantworten sie genau diese Fragen:

Zürich, Juden und das Klischee

Die Witze der Jugendlichen beruhen auf einem Klischee, das die meisten Leute kennen: Juden seien geldgierig, Juden würden gut mit Geld können. Das hat das Interview deutlich zeigen können.

Die Suche nach dem Ursprung des Klischees führt ins Mittelalter. Mitten in Zürich stösst man beim Neumarkt auf die beinahe versteckte Synagogengasse, und damit auf ein ganzes Stück Geschichte.

Zürcher Geschichte.

Jüdische Geschichte.

Juden und jüdische Familien prägten das Zürcher Mittelalter bedeutend mit. Allein schon die Bezeichnung der heutigen Gegend um die Brunn- und Froschaugasse als Judengasse zeugt davon. Zwar ist nicht nachgewiesen, wann die ersten Juden in Zürich eintrafen, jedoch gibt es Rechtsdokumente von ca. 1250, in denen Juden thematisiert werden: sie waren also bereits anwesend!

Es sind genau diese Gesetzesdokumente, die bei der Suche nach dem Ursprung den ersten Anhaltspunkt geben sollen. In ihnen sind nämlich folgende drei Begebenheiten betreff Juden geregelt:

Geldverleih gegen Kirchengegenstände als Pfand

Geldverleih gegen Seide

und das Schächten von Tieren.

(Brunschwig et al., Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S. 34-36)

Zwei von drei Reglementen betreffen Juden in Verbindung mit Geld.
Die Geburt eines Klischees?

Weshalb wurden Juden um 1250 mit Geldgeschäften in Verbindung gebracht? Woher kommt das Vorurteil des sogenannten Judenwuchers?

Was bedeutet denn eigentlich Wucher?

„Wucher“ ist ein Begriff aus der Geldwirtschaft. Heute steht er für übertrieben hohe Zinsen oder das Fordern von hohen Preisen. Wenn eine Leistung zu viel teureren Konditionen verkauft wird oder gar die Unwissenheit oder die Schwäche des Vertragspartners ausgenutzt wird, dann ist das „Wucher“. Auch heute noch ist Wucher unter Strafe gestellt.

Wucher im Mittelalter?

Im Mittelalter ist der Begriff viel tiefer verankert. Wie Vieles im Mittelalter, ist auch das Geldgeschäft durch die Kirche beeinflusst. Jedoch wurden nicht nur überhöhte Zinsen wie heute, sondern der Zins im Allgemeinen als Wucher bezeichnet. Die Kirche war der Überzeugung, dass nur derjenige etwas verdienen soll, der selber etwas geschaffen hatte. Insofern war für Christen das Verdienen am Zins, da dabei das Geld für sich alleine arbeitet, verboten. Wucherer, also Leute die mit verbotenem Zins handelten, galten als Sünder.

„Der Menge an Geld, die sie aus dem Wucher beziehen, entspricht die Menge an Holz, das in die Hölle geht, um sie [die Wucherer] zu verbrennen."

Jegliche Zinsen waren also verboten. Jedoch wurden immer mehr Kapitalbeträge nötig (für Bauunternehmen, Handel und Aufrüstung), was die Kirche und das Zinsverbot unter Druck setzte.

Warum denn nun Judenwucher?

Die Kirche fand einen Ausweg aus der Geldmisere: Jüdische Geldleiher waren nämlich vom Zinsverbot ausgenommen. Da Juden sowieso als Ungläubige und Verdammte galten, schien dies DIE Möglichkeit zu sein, Geldgeschäfte mit hohem Zins zu betreiben. Jüdische Geldverleiher wurden für das Zinsgeschäft instrumentalisiert. Es gab gesetzlich festgelegte Zinssätze, an die sich diese jüdischen Geldverleiher halten mussten.
Die Tätigkeit im Geldgeschäft führte zum Klischee des "Judenwuchers".
Was aber die "Wuchertätigkeit" für die Juden bedeutete und heute noch bedeutet, wird diese Reise durch das Zürcher Mittelalter vielleicht aufdecken können.

(vgl. Mittelalter-Lexikon: "Wucher")

Judenwucher

Der Vorwurf des Judenwuchers scheint tief in den Köpfen der Menschen verankert gewesen zu sein, auch später noch. Wie sehr Juden und Wucher in Zusammenhang gesetzt wurden, zeigen drei prominente Beispiele:

Ich verlasse den Zug am Hauptbahnhof in Zürich, nehme meinen alltäglichen Weg. Vorbei an Tramlinien und der Zentralbibliothek, durch die kleinen Gassen der Altstadt. Immer weiter durch die Jahre, die Autos verschwinden, die Böden werden dreckiger, die Häuser weniger. Durch die Synagogengasse direkt in eine andere Zeit.

Der Gang durch die Synagogengasse führt mich zum Neumarkt. Dort tummelt sich die halbe Stadt Zürich. In einem offenen, grossen Hauseingang ist ein kleiner Holztisch zu sehen. Dahinter ist ein Mann zu erkennen, mit spitzem Hut und grossen Schuhen. Jeder auf dem Platz kann erkennen, dass er ein Jude ist. Der spitze Hut ist das prägnanteste Kennzeichen. Der jüdische Türschmuck am Türrahmenbestätigt diese Vermutung. Der Name des Herrn ist Ezra. Ezra ist ein jüdischer Geldverleiher.

Ich setze mich auf die Bank hinter dem Tisch, direkt neben Ezra.

Will mir Ezra bei meiner Suche helfen?

Das Getümmel auf dem Platz scheint sich langsam zu legen. Die Sonne taucht den Neumarkt in eine glitzernde, wundersame Atmosphäre. Ich bemerke eine Gestalt, die direkt vor Ezra und mir am anderen Ende des Tischs steht. Es ist ein Bauer. Ein Bauer der, soweit ich im Gespräch mitkomme, fünf Kinder zu versorgen hat.

Ein Bauer, der dringend Geld benötigt.

Das ist Ezras Geschäft.

Es ist dem Bauern nicht wohl, hier zu sein. Das ist offensichtlich. Ezra scheint sich nicht darum zu kümmern, er scheint es gewohnt zu sein.

Der Bauer habe sich verkalkuliert. Er sei nicht flüssig, müsse es aber unbedingt sein. Er schwingt den Jutesack auf den Tisch. Im Innern des Sacks befindet sich ein zerknülltes, grosses Stück Stoff. Er habe dies wundervolle Bettzeug mitgebracht und er wolle es als Pfand einsetzen.

Ezra bleibt ruhig, zeigt keinerlei Regung und greift zu seiner Feder.
Er schreibt sich etwas auf.
Schaut das Bettzeug genau an.
Ezra nickt.

Ezra vergibt am liebsten Notkredite. Das ist sein Geschäft. 

Er wäre gerne Schreiner geworden, doch das ist leider nicht möglich.

Warum kann Ezra kein Schreiner sein?

Rechtliche Grundlagen für Juden im Zürcher Mittelalter

Juden hatten einen anderen Bürgerrechtsstatus. Einerseits waren Juden in Zürich sogenannte «Schutzwürdige», die vom Kaiser beschützt wurden und gewisse Privilegien genossen. Als jedoch dieser Judenschutz versagt hatte, wurden Juden als "Kammerknechte" des Kaisers bezeichnet, was ihre rechtliche Lage stark beeinflusste. Sie mussten einen Schutzbrief erkaufen, ansonsten waren sie rechtlich nicht geschützt. Dies war eine Art Judensteuer, der ihnen Schutz vor z.B. Verfolgung gewährte. Die Karikatur rechts zeigt die paradoxe Lage, dass Schutz erkauft werden musste. Der Schutz der Juden kam schliesslich immer mehr in die Hände lokaler Herrscher, wobei der Kaiser der oberste Schutzbefohlene blieb. Die lokalen Herrscher mussten sich im Falle einer Judenverfolgung oder Ähnlichem vor dem Kaiser verantworten.

Juden durften keiner Zunft beitreten, also kein Handwerk ausüben. Ihnen wurde zudem untersagt, ein öffentliches Amt zu besetzen. Auch das Wohnen in Zürich kostete einen Juden weitaus mehr als einen Christen: um in Zürich zu wohnen, mussten Juden einen Betrag zahlen, für den ein Haus erworben hätte werden können. Als Minderheit wurden sie mutmasslich auch schlecht behandelt, denn 1343 wurde erlassen, dass man Juden gegenüber nicht boshaft sein und sie nicht notzüchtigen sollte. Im Vergleich zu anderen Kantonen war es einem Juden in Zürich jedoch gestattet, Immobilien zu besitzen.

Auch auf religiöser Ebene schien der Zürcher Rat eher offen zu sein: das Schächten von Tieren war erlaubt. Juden durften am Türpfosten ihre Mesusa (ein Kästchen mit einer mit Versen beschrifteten Rolle darin) anbringen, was zu einer Kennzeichnung ihrerselbst beitrug. Scheinbar haben auch Kleidervorschriften Christen und Juden voneinander unterschieden: auf verschiedenen Konzilen (jüdische sowie christliche) wurde festgelegt, dass sich Juden und Christen in ihrer Kleidung unterscheiden sollen. Zudem kann das Tragen eines «Judenhuts» (wie auf der Karikatur dargestellt) nicht ausgeschlossen werden, da dieser in vielen mittelalterlichen Abbildungen zur Judendarstellung gehörte. Besonders der Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Christen sollte so verhindert werden.

«Für Juden dürfte es deshalb im kleinräumigen Zürich unmöglich gewesen sein, unerkannt durch die Gassen zu gehen.»
Brunschwig et al., Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S.39

Jedoch galten Juden nach wie vor als Mörder Christi, was in einigen Gesetzen deutlich durchscheint: Beispielsweise durften Juden in der Karwoche nicht auf die Strassen, sich nicht im Fenster zeigen oder Lärm veranstalten.

Nach der grossen Judenverfolgung, dem Pogrom in Zürich 1349, siedelte sich die «zweite jüdische Gemeinde» in Zürich an. Im sogenannten «Schirmbrief» wurde ihnen Schutz wie allen anderen Bürgern versprochen. Jedoch veränderte sich juristisch viel: es durften keine auswärtigen (jüdische) Gerichte mehr aufgesucht werden. Der Zürcher Rat hatte nun auch innergemeindliche Konflikte zu lösen, die bis anhin autonom gelöst werden durften. Zudem wurde klar ausgeführt, dass es nur eine Synagoge in der Stadt geben dürfe. Nach wie vor war der Umgang mit Christen für Juden verboten (Baden, Spielen, Essen etc.).

(Brunschwig et al., Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S. 34-60).

Rechtsvorschriften für den Geldhandel

Da es Juden untersagt war, einer Zunft beizutreten und sich somit handwerklich zu betätigen, blieb vielen nur der Geldhandel. Wie bereits erklärt, war das Zinsgeschäft, der Wucher, den Christen nicht gestattet. In Zürich ging dies sogar so weit, dass Juden zum Geldgeschäft verpflichtet wurden, wenn sie in der Stadt leben wollten. Das Geldgeschäft war für mittelalterliche Verhältnisse sehr strukturiert geregelt.

- Juden waren zum Geldgeschäft verpflichtet
- Andere Tätigkeiten (ausser Arzt) waren lange Zeit noch verboten
- Kirchengegenstände und Seide durften nicht als Pfand entgegengenommen werden
- Der Jahreszins wurde auf 43 1/3 Prozent festgelegt
- Ein Jude MUSSTE einem Christen Geld leihen

Der Grossteil der Zürcher Juden fand sich wohl oder übel im Geldgeschäft wieder und musste sich den geltenden Regeln beugen.

(Brunschwig et al., Geschichte der Juden, S. 34-60)

Adel und Geldverleih

Der Neumarkt glitzert wieder. Ich sitze stillschweigend neben Ezra. Er scheint mich gar nicht zu bemerken. Selbst als er aufsteht würdigt er mich keines Blickes. Ezras Weg führt ihn durch den untersten Stock des kalten Gebäudes. Es riecht nach nassem Stein.

Nun ja, so ist es nun mal im Mittelalter, denke ich mir.

Ich verfolge ihn auf Schritt und Tritt, bis wir an einer Tür ankommen. Im Raum befindet sich ein Tisch. Ezra setzt sich kurz hin und schreibt etwas in ein seltsames Büchlein. Ich beobachte ihn ganz genau, jedoch erkenne ich nicht, was er da schreibt. Die Tür zum Zimmer öffnet sich mit Knarren. Ein Herr, ein wahrer Blickfang, tritt in den Raum. Er trägt ein langes, buntes Gewand aus sehr feinem Stoff. Accessoires runden das Bild ab. Ein wandelnder Claire’s-Laden, denke ich mir. Ein Adliger.

Der Blick des Herren fällt weder auf Ezra noch auf mich. Lediglich ein paar Worte richtet er an Ezra, woraufhin dieser schnurstracks auf ein Kästchen am anderen Ende des Raumes zuläuft. Er öffnet es. Er schnappt sich ein kleines Stück Pergamentpapier daraus, das jedoch bereits voll beschriftet ist. Es scheint zu einer ganzen Bindung von Pergamenten zu gehören.

Wiederum setzt sich Ezra.

Wiederum nimmt er die Feder in die Hand.

Wiederum schreibt er etwas auf.

Wiederum hat er Geld verliehen.

Ein Geschäft weniger Worte, so wie es scheint. Doch die lange Liste, die Ezra gerade weitergeführt hat, spricht dafür, dass es mittlerweile keine Worte des Herrn mehr benötigt. Nein. Er benötigt nur Geld.

Und ich wundere mich, warum. 

Famose Schuldner

Der Zürcher Adel war oft stark verschuldet. Hochverschuldete Fürsten waren gezwungen, Notverkäufe (z.B. des Hofs oder des Landes) zu machen. Meistens war der hohe Zinssatz, der bei jüdischen Kreditgeschäften erhoben werden musste, als Grund für den Ruin betrachtet. Im Verlauf des Spätmittelalters fielen sehr viele Adelsgeschlechter in den wirtschaftlichen Ruin. Die Kreditaufnahme bei Juden schien für einige die letzte Chance gewesen zu sein, doch noch an flüssige Mittel zu kommen. Während die Stadt Zürich um 1400 beinahe keine Anleihen bei Juden mehr machte, fühlten sich immer mehr Adlige gezwungen, sich bei Juden zu verschulden.

(Gilomen, Kooperation und Konfrontation, S. 209-215)

Wie die Oberschicht in der Tinte sass:

1295 Gräfin Elisabeth von Rapperswil: verkaufte Zinsen, um sich von Wuchergeld zu befreien

1397 Hünenberger: schuldeten dem Juden Abraham 800 Gulden (Wert eines Strassenzugs in Zürich)

(Gilomen, Kooperation und Konfrontation, S.209-211)

1305 Freiherr Walter von Eschenbach: Verkaufte sein Gut bei Tellewile (Thalwil), weil er Schulden bei mehreren Zürchern sowie beim Juden Mennlin hatte

Abt von Einsiedeln: schuldete einer nicht genannten Jüdin 490 Pfund (Wert einiger Immobilien in Zürich)

Johannes von Habsburg, Graf von Rapperswil: die Jüdin Frau Minne, ihre zwei Söhne und ein weiterer Jude liehen ihm 950 Mark Silber (Wert mehrerer Strassenzüge in Zürich)

(Brunschwig, Geschichte der Juden im Kanton Zürich , 43-44)

Schulden zu haben schien damals, besonders beim Adel, zur Norm zu gehören. Auch kleinere Beträge vom Mittelstand zählten zum Alltag.

Was bedeutet es heute, Schulden zu haben?
Jung und Alt erzählen.

Das Interview macht deutlich: Es ist auch heute noch unangenehm, Schulden zu haben. Die meisten Jugendlichen wollen keine Schulden machen, wenn sie aber haben, dann wollen sie sie möglichst schnell abbezahlen.
Es kommt darauf an, ob es sich um Schulden bei einem Gläubiger oder einer Bank handelt.

Der Geldverleih

Die Karikatur soll darstellen, dass Juden für die meisten in die Nische des Geldhandels gehörten. Juden und Geld gehörten damals für sie zusammen, aus dieser Selbstverständlichkeit ihrer Tätigkeit erwuchs das Klischee.

Wie funktionierte dieses Geldgeschäft?

Meistens handelte es sich um kleinere Beträge, die durch Pfände wie Klamotten, Schmuck oder Bettzeug geliehen wurden. Die Stundung, also das Herauszögern der Tilgung von Schulden, schien im Mittelalter auch in Zürich gängig zu sein. Der Grossteil der Schuldner kam aus der Mittel- und Unterschicht: Kaufleute, Tuchhändler, Metzger, Handwerker, Bauern usw. Diese Geldverleihe erwiesen sich meist als Notlagenkredite oder Überbrückung. Bei Bauern geschah dies beispielsweise aufgrund von ausgebliebenen Erträgen aus der schlechten Ernte oder bei Verzögerungen von Warenlieferungen. Gilomen zeigt, dass ca. 95% der Geldverleihe solch geringe Summen betrugen. Umso bestürzender ist, dass die restlichen ca. 5% zwei Drittel der gesamten Summe aller Schulden ausmachte!

Kurz gesagt: Es gab sehr viele kleine Kredite und eine kleine Anzahl unglaublich hoher Kredite.

Diese hohen Summen wurden meistens an die Oberschicht geliehen. Solche grösseren Summen verlangten meist zudem einen Bürgen, der im Falle der Nichtzahlung den Kopf hinhalten musste. Die Stadt Zürich beispielsweise tritt des Öfteren als Bürge auf sowie eine Reihe jüdischer Geldverleiher.

Ökonomisches Zusammenleben?

Betrachtet man die Transaktionen jüdischer Geldleiher an Christen, so lässt sich vermuten, dass in irgendeiner Weise ein ökonomisches Zusammenleben stattgefunden haben muss. Lombarden und Juden wurden unter die gleichen Richtlinien für den Geldverleih gestellt. Der Zinssatz von 43 1/3 Prozent war jedoch auch für damalige Verhältnisse sehr hoch angesetzt, was die jüdischen Pfandleiher nicht beliebt machte. Die meisten Geldleihen wurden auf kirchlich legalem Weg betrieben. Ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung muss also mit explizit jüdischem Gelverleih in Kontakt gekommen sein.

Entgegen aller christlichen Vorschriften ist in Zürich sogar belegt, dass Juden für ihr Geschäft auf Gelder von Christen zurückgriffen. Christen nahmen also auch selber am Wuchergeschäft teil, indem sie den Geldverleihern Geld verliehen.

Die Folgen des Leihens waren hohe Verschuldungen, die nicht nur den wirtschaftlichen Ruin bedeuten konnten, sondern auch Verweisung aus der Stadt. In Zürich sind teilweise wegen lächerlicher Beträge Verweise aus der Stadt belegt. Der Ruf der jüdischen Bevölkerung hat durch den Geldverleih sehr gelitten. Regelmässig wurden gestohlene Gegenstände bei Juden gesucht, da der Verdacht bestand, sie hätten Diebesgut als Pfand angenommen. Diesen Vorwürfen waren die Juden regelmässig ausgesetzt.  

Zwar existierte eine ökonomische Verbindung zwischen Juden und Christen, jedoch bezog sich diese auf einen geringen Teil beider Gruppen.  

(Gilomen, Substitution, S. 12-24)

Geistlichkeit und Geldverleih

Ezra scheint sehr beschäftigt zu sein. Er verlässt das Zimmer wieder.
Wir befinden uns erneut im Hauseingang, wo ich Ezra heute morgen vorgefunden habe.

Es steht ein Mann mit langem Gewand im Hauseingang. Er trägt einen Bund Papier bei sich, sein langes Gewand ist in schlichten Farben gehalten.
Ich höre, wie eine laute Stimme aus dem Mund des Besuchers kommt. Ich höre nur vereinzelte Worte: Verdammnis, Taufe, mein Kind.

Um den Hals des Mannes ist ein Kreuz gebunden, ein goldenes, bemaltes Kreuz. Es ist ein Geistlicher. Er redet auf Ezra ein, dieser scheint von all den Worten unberührt. Er sitzt ruhig da, nickt zwischendurch, stimmt dem Kleriker aber nie zu.

Er soll bekehrt werden. Der jüdische Gelverleiher, der Wucherer, er soll bekehrt werden. Denn Wucher ist eine Sünde.
Wenn der auf ihn einredende Mann wüsste, dass Ezra einem Ordensbruder bereits Geld leihen musste...

Auch das ist Ezras Geschäft.

Warum ist Wucher eine Sünde?

Religiöse Dimensionen des Wuchers 

Die religiösen Aspekte des Wuchervorwurfs entfernen sich weit von den ökonomischen Grundlagen, die bisher erläutert wurden. Der Wucher wurde zu einem der schwerwiegendsten antijüdischen Motive der Kirche im Mittelalter. Die Instrumentalisierung der Juden im Kreditwesen hatten schwerwiegende Folgen:
Die Christen verurteilten den Wucher wegen der geglaubten Verführungskraft des Geldes und die damit verbundene Bestechlichkeit. Sie beschuldigten jüdische Geldverleiher auf dieser Grundlage.

Es ging um das Geld als Machtwaffe, die sich gegen die christliche Überzeugung und gegen gutes Handeln richten würde. Die Juden wurden dadurch in der Hölle schmorend gesehen (siehe Abbildung: unten links kann man Juden mit Judenhüten im Schmortopf der Hölle erkennen).

Erkaufter Schutz

In einigen Texten und Chroniken ist davon die Rede, die Juden würden sich ihren Schutz erkaufen. Wie wir bereits erfahren haben, war das in einer gewissen Art und Weise auch der Fall. Schutzbriefe und allgemeine Verpflichtungen der Obrigkeiten, die Juden zu schützen, gab es wirklich. Nur hatte die jüdische Bevölkerung keine andere Wahl um sich zu schützen. In christlichen Texten wird dieser notwendige Schutz aber vollkommen verdreht: Juden würden sich regelmässig freikaufen, Obrigkeiten würden von ihnen bestochen oder durch Geld verführt, ihnen eine Strafe zu erlassen. Ein Vorurteil, das vielen jüdischen Menschen zum Verhängnis wurde...

Hostienschändung

Dieses bekannte Motiv behandelt die Schändung eines christlichen Sakrilegs, der Hostie. Auf den Punkt gebracht beinhalten die Vorwürfe meistens Folgendes:
Ein Pfand wird bei einem Juden mittels einer Hostie ausgelöst.
Ein Beispiel soll dieses Motiv verständlicher machen: «Eine Frau will bei einem Juden ihr Pfand auslösen, nämlich das Festtagskleid, das sie bezeichnenderweise zu Ostern tragen will. Der Gläubiger [der Jude] bietet ihr die Herausgabe ohne Geldleistung an, wenn sie ihm am Ostertag eine geweihte Hostie liefert, worein die Frau einwilligt.»

(Heil, Verschwörung, S. 405)

Der Vorwurf der Hostienschändung beinhaltet das absichtliche Schaden am Christentum, an einem Sakrileg, an Christus selbst. Der Hostienfrevel von Deggendorf (Abbildung) veranschaulicht dies sehr gut. Diese Absicht wurde den Juden des Mittelalters regelmässig unterstellt, wobei heute kein einzige Präzedenzfall dazu bekannt ist.

Vernichtung des Christentums

Neben dem Zinsgeschäft und dem Hostienmotiv wurde Juden allgemein Habsucht und Herrschaftsgier zugeschrieben. Dieses Vorurteil schlug auf vielen Ebenen Wurzeln: Die Juden würden sich durch den Wucher nicht nur bereichern, sondern durch die Hinterlist in diesem Geschäft die christliche Macht schwächen und schliesslich vernichten wollen.

Es gibt unzählige, unberechtigte Vorurteile über Juden, die in der religiösen Dimension angesiedelt sind. Nicht zuletzt durch die Kompatibilität des Wuchervorwurfs auf unzählige Themen wurden Juden in religiösen Fragen durch den Wucher als Antichristen und Feinde der Christenheit gesehen. Dass die Juden meist keiner anderen Tätigkeit nachgehen durften, bzw. konnten, wurde dabei aussen vor gelassen.

(Heil, Verschwörung, S. 395-413)

Was Vorurteile bewirken können

Gesellschaftlich, religiös, im Alltagsleben: das engstirnige Bild des Wucherjuden scheint im Mittelalter aufzukommen und beginnt, die christliche Vorstellung vom Judentum zu beeinflussen. Was bewirkten diese Vorurteile über die Juden? Hatten sie auch später noch Konsequenzen?
Ab dem Mittelalter kennt man die Macht der Vorurteile, wie diese kurze Zeitreise zeigen wird.

Die Geschichte zeigt: Die Vorurteile über die Juden hatten extreme, erschütternde Folgen. Ob im Mittelalter oder im 19. Jahrhundert, das Klischee des Judenwuchers hatte einen unglaublich prägenden Einfluss auf die jüdische Geschichte und das jüdische Leben. Auch heute noch. Ein Jude erzählt, wie das Leben eines Juden in der Schweiz heute aussieht. Ist das Klischee noch aktuell? Gibt es dieses Vorurteil noch?

Das Zürcher Pogrom

Im Februar 1349 vollzog sich das Pogrom in Zürich. Die Juden von Zürich wurden auf barbarische Art und Weise verbrannt. Wie genau das Pogrom ablief ist unklar, jedoch gibt die Zürcher Chronik lediglich in einem Satz preis:
Am Sankt Mathis Abend verbrannte man die Juden, da sie der Brunnenvergiftung beschuldigt wurden.
Bestürzend ist, dass König Karl IV. beispielsweise in Nürnberg im Voraus ein Abkommen abgeschlossen hatte, das die Verteilung des Erbes der Juden regelte. Der eigentliche Schutzherr der Juden verteilte also das Hab und Gut seiner Schützlinge bevor sie sterben mussten. In Zürich sind zwar keine Abmachungen derart bekannt, jedoch liess sich die Stadt ein (gefälschtes) Dokument ausstellen, das die Stadt von der Schuld am Pogrom freisprach. Dies geschah vermutlich, um keine Rechenschaft beim Schutzherrn der Juden entrichten zu müssen. Zudem muss es Verhandlungen das Erbe der Juden betreffend auch in Zürich gegeben haben. Die Juden wurden nicht zuletzt umgebracht, um Schulden nicht zahlen zu müssen. Die jüdische Bevölkerung war dieser Willkür ausgesetzt.

Entsetzlich, denn schlussendlich endeten die Verhandlungen nach dem Pogrom wie folgt:

  •  Alle Schulden von Christen an Juden wurden erlassen
  • Die Häuser der Juden wurden vom Rat verkauft, allfällige Schulden der Juden mit dem Erlös bezahlt
  • Prozesse wurden aus dem jüdischen Erbe bezahlt
  • Überlebende Juden durften ihr Vermögen behalten
  • Das restliche Erbe erhielt der König

Das jüdische Erbe wurde also von der Stadt, den Bürgern und Karl IV. an sich gerissen. Der Tod vieler Juden aus Zürich damit gerechtfertigt...

(Brunschwig et al., Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S. 44-48)

Die Karikatur soll verdeutlichen, in welchem Zusammenhang die Pogrome mit den lokalen Herrschern und dem Kaiser standen. Unter der Krone wurden die Massenmorde gebilligt:

Nach der Ermordung der Juden in Zürich begann eine Phase der Wiederansiedlung, wobei Zürich unter den zwei ersten Städten, die Juden wieder aufnahmen, belegt ist. Grund für die Neuansiedlung war meist der Nutzen, der der Geldhandel der Juden für die Städte bedeutete. Die jüdische Bevölkerung wurde weiter für das Kreditgeschäft instrumentalisiert. Die bürgerrechtliche Lage der Juden verbesserte sich jedoch nicht. Die sogenannte Schuldentilgung König Wenzels 1385 veranschaulicht die immer noch starke Geringschätzigkeit gegenüber Juden: Alle Schulden, die Christen bei Juden hatten wurden kurzerhand für nichtig erklärt.
Trotz allem: 1378-1396 gab es ein sehr grosses Bemühen der Stadt Zürich, Juden wieder anzusiedeln, was Zürich zu einem wichtigen jüdischen Zentrum im Raum Bodensee machte.

(Heil, Verschwörung, S. 194-202)

Paradox ist es, dass Juden immer wieder ausgewiesen wurden, nachher aber wieder Ansiedlungen unter Bedingungen stattfanden.

Paradox ist es, dass das Kreditgeschäft der Juden für nötig gehalten wurde, sie jedoch deshalb diskreditiert wurden.

Paradox ist es, dass ein eigentlicher Schutzherr scheinbar einer der wichtigsten Auslöser für die Pogrome war.

Ezra

Ezra sitzt einfach nur da. Es wirkt beinahe wie ein Gemälde aus einer anderen Zeit. Sein Gesicht sagt mehr als tausend Worte. Sein Gesicht erzählt mir die Geschichte dieses Mannes, eines Klischees. Das Klischee, dass Juden geldgierig sind. Dass Juden Geld haben.

Obwohl Ezra gerne Schreiner geworden wäre, ist er zufrieden. In der jüdischen Gemeinde leben sowohl ärmere als auch reichere Mitglieder, als er es ist. Er kann Geld verdienen, und seine Familie ernähren. Obwohl Ezra Schreiner werden wollte.

Ezra denkt nicht oft darüber nach, was hätte werden können, wenn er nicht nach Zürich gekommen wäre. Schreiner hätte er beinahe nirgends werden können, denn das Geschäft der Juden in den meisten Städten ist nun mal das Geld. Auch Ezra weiss, dass er durch sein Geschäft einerseits geduldet wird, andererseits das Geschäft ein Grund dafür ist, warum er Feinde in der Stadt hat. Sein Geschäft und sein Glaube.

Es ist für ihn paradox. Genauso wie es für seine Kunden paradox ist. Paradox ist, dass etwas, was scheinbar nötig ist, verboten sein soll. Paradox ist es, dass etwas gemacht werden muss, was nicht die erste Wahl gewesen wäre. Paradox ist es, dass sie in Symbiose leben, sich jedoch gegenseitig bekämpfen.

Paradox ist es, wenn sich zwei Dinge widersprechen.

Der arme Jude in der Wechselstube?

Nein!

Die Koexistenz von Juden und Christen kann an verschiedenen Beispielen aufgezeigt werden. Belege beweisen, dass Juden und Christen gemeinsam Karten spielten. Sogar Amtspersonen sollen mit Juden gespielt haben. Es gibt auch Berichte darüber, dass Juden und Christen gegenseitig auf Hochzeiten oder anderen Festen aufgetaucht sind. Juden hatten auch öfters christliche Mägde angestellt. Zudem gibt es Belege über alltägliche Nachbarschaftsstreitigkeiten zwischen ihnen. Allgemein kann also daraus geschlossen werden, dass es ein Zusammenleben gab, bei dem die Juden nicht ständig in Gefahr waren, verstossen, diskriminiert oder benachteiligt zu werden.

(Brunschwig et al., Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S. 84-96)

Mitspracherecht

Besonders die Abkommen, die nach der Wiederansiedlung in Zürich zustande kamen, zeigen autonomes Verhalten der jüdischen Bürger der Stadt. Die Bestimmungen in den Urkunden zur Ansiedlung sind nicht allgemein verfasst, sondern sind durch Verhandlungen entstanden.

"Die Vereinbarungen, die zwischen den städtischen Autoritäten und den Juden getroffen wurden, zeigen nun aber auch, dass die Juden nicht nur Opfer der Willkür von Stadträten waren, sondern dass sie durchaus Verhandlungsspielraum besassen und Einfluss auf die Bedingungen der Ansiedlung nehmen konnten."
Gilomen, Kooperation und Konfrontation, S. 199

Kleiderordnung und Identität

"Die Vorstellung von verkleideten Juden allerdings weckte Angstphantasien, welche nicht selten in nackte Gewalt umschlugen. So war es für die jüdische Gemeinschaft wichtig, sich in ihrer Tracht klar von den Christen zu unterscheiden, Diese Positionierung gegenüber der nichtjüdischen Umwelt wirkte auch nach innen und stärkte die Identität der Juden als Gruppe."
Kaufmann, Jüdisches Leben im Spiegel des Zürcher SeMa"Q, S. 171

Der jüdische Dichter Trimberg, deutlich durch seine Kleidung erkennbar.

Der jüdische Dichter Trimberg, deutlich durch seine Kleidung erkennbar.

Die Brunngasse 8

Ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass es sich bei den Zürcher Juden keineswegs nur um verarmte, kleine Geldleiher handelte, ist die jüdische Familie, die um 1332 das Haus der Brunngasse 8 bewohnte. Das stattliche Haus enthält Wandmalereien, die 1996 gefunden wurden. Da es sich um vermeintlich christliche Motive handelt, konnte lediglich durch die hebräischen Platzmarken der Wappenfriese auf jüdische Auftraggeber geschlossen werden.

Die Wandmalerei in der Brunngasse 8

Die Wandmalerei in der Brunngasse 8

In der Brunngasse 8 erstreckt sich somit ein bis dahin neuer, einzigartiger Blick hinter die Kulissen jüdischen Lebens in Zürich. Frau Minne und ihre zwei Söhne, allesamt (unter anderem) im Geldgeschäft tätig, stellen ein Beispiel für die jüdische Oberschicht der damaligen Zeit dar. Der Festsaal, der die Malereien enthält, "zeigt, dass sich hier eine vornehme jüdische Familie, wohl nicht zuletzt als Statussymbol für den Verkehr mit ihrer christlichen Umwelt einen repräsentativen Festsaal eingerichtet hat, wie er damals unter den führenden Geschlechtern einer verbreiteten Mode entsprach."

(Brunschwig, Geschichte der Juden in Zürich, S. 53)

Ein Wappenfries, der die "Wall of Fame" der damaligen Zeit spiegelt, deutet vermutlich auch auf die wohlhabenden Kunden der Familie hin. Ein beeindruckendes Beispiel dafür stellt der Graf Johann von Habsburg-Laufenburg dar (Erbe der Grafschaft Rapperswil), der bei der Familie 850 Mark Silber als Kredit aufgenommen hatte, 100 weitere Mark Silber bei einem weiteren Juden. Eine grosse Summe, bedenkt man, dass ein stattliches Haus wie die Brunngasse 8 ca. 80 Mark Silber, die Grafschaft Greifensee 600 Mark Silber Wert hatte. Es ist bezeugt, dass die Familie Geschäfte auf sehr hohem Niveau betrieben hat.

Die Wandmalerei in der Brunngasse 8

Die Wandmalerei in der Brunngasse 8

Die Wandmalereien und die Geschäftstätigkeit der Familie bedeuten vielleicht eine jüdische Auseinandersetzung mit der Kultur des Umfelds. Andere Stimmen lesen sie als beispiellose Darstellung für die verschmelzende christliche und jüdische Kultur. Auf jeden Fall stellen sie einen unvergleichlichen Einblick in das jüdische Leben in Zürich dar und stellen fest, dass auch Juden im Mittelalter der Oberschicht angehören konnten und wertvolle Geschäfte betrieben.

(Brunschwig, Geschichte der Juden im Kanton Zürich, S. 50-54; Wild/Böhmer, Die spätmittelalterlichen Wandmalereien im Haus "Zum Brunnenhof" in Zürich und ihre jüdischen Auftraggeber, S. 28-29)

Die Pflastersteine hören auf zu glänzen, die Gasse wird dunkler. Wir sitzen im Hauseingang am Tisch.

Ezras Geschichte ist erzählt, auch wenn es noch viel mehr zu erzählen gäbe. Nicht für Ezra. Nicht heute. Nicht hier.

Ich bedanke mich bei ihm. Dafür, dass mein Blick sich geschärft hat für die Kraft der Vorurteile.

Die Synagogengasse wird enger. Ich höre den Verkehr von weitem, die Tramgeräusche sind zu hören. Es schiessen Häuser aus dem Boden. Ich biege ab. Vorbei an der Stadtbibliothek, direkt Richtung Bahnhof.

Im Zug gleitet die Landschaft an mir vorbei, genau so wie der heutige Tag in meinem Kopf. Eins ist mir klar geworden: Nicht alles, was man glaubt zu wissen, weiss man. Vorurteile sind das aller beste Beispiel dafür.

Der Zug fährt am Zuger Hauptbahnhof auf Gleis 4 ein.

Literatur

Brunschwig, Annette; Heinrichs, Ruth; Huser, Karin (2005): Geschichte der Juden im Kanton Zürich. Von den Anfängen bis zur heutigen Zeit. Zürich: Orell Füssli.

Gilomen, Hans-Jörg (2011): Die Substitution jüdischer Kredite im Spätmittelalter. Das Beispiel Zürichs. In: Festschrift für Alfred Hacerkamp zum 70. Geburtstag, S. 1–24.

Gilomen, Hans-Jörg (2009): Kooperation und Konfrontation. Juden und Christen in den spätmittelalterlichen Städten im Gebiet der heutigen Schweiz.

Heil, Johannes (2012): Verschwörung, Wucher und Judenfeindschaft oder. Die Rechnung des Antichristen – Eine Skizze. Wolfgang Benz zum siebzigsten Geburtstag gewidmet. In: Aschkenas 20 (2). DOI:10.1515/asch-2010-0017.

Kaufmann, Ingrid (2011): Jüdisches Leben im Spiegel des Zürcher SeMaQ - Kleiderordnungen als Beispiel für die jüdisch-christliche Auseinandersetzung. In: Judaica 67.2, S. 146–177.

Müller, Jörg R. (2012): »Gestolen und ainem juden versetzt«. Jüdische Pfandleiher zwischen legaler Geschäftspraxis und Hehlereivorwurf. In: Aschkenas 20 (2). DOI: 10.1515/asch-2010-0019.

Wild, Dölf; Böhmer, Roland(1995/1996): Die spätmittelalterlichen Wandmalereien im Haus „Zum Brun­nenhof“in Zürich und ihre jüdischen Auftraggeber, In: Zürcher Denkmalpflege,Stadt Zürich, Bericht 1995/1996, S. 14-33.

Internetquellen

http://de.metapedia.org/wiki/Zitate_und_Urteile_%C3%BCber_das_Judentum,zuletzt geprüft am 18.04.2018.

http://www.schulen-frauenfeld.ch/cm_data/die_juden_als_suendenboecke_-_ursachen_fuer_antisemitismus.pdf,zuletzt geprüft am 24.04.2018.

Mittelalter-Lexikon-Bearbeiter (2013):Wucher. Hg. v. Mittelalter-Lexikon. Online verfügbar unterhttps://www.mittelalter-lexikon.de/w/index.php?title=Wucher&oldid=40463,zuletzt aktualisiert am 20.12.2013, zuletzt geprüft am 26.04.2018.

Ein herzliches Dankeschön an alle Interviewpartner
Ortwin Bojahr, Beatrice Bojahr, Thomas Morger, Noèl Müller, Vanessa Scholl, Samantha Kröpfli, Rahel Sennhauser und Marianna Caccese,
die sich die Zeit für das Interview genommen haben!
Des weiteren danke ich Hildegard Keller für die Leitung und meiner Tandempartnerin im Seminar!

Dieser Beitrag entstand im Seminar Brunngasse 8 und Film (Prof. Dr. Hildegard Keller, Frühlingssemester 2018) am Deutschen Seminar der Universität Zürich.